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Annette Jantzen

Ins Herz geschrieben

So höre nun, Israel, die Bestimmungen und Rechtssätze, die ich euch lehre, damit ihr euch danach richtet und lebt... Ja, welches große Volk hat Gottheiten, die ihm nahe sind, so wie die Ewige uns, nahe ist, immer wenn wir sie anrufen?  (Dtn 4, 1.8)

Ob du dich uns ins Herz geschrieben hast?
Ob die Sehnsucht und der Mut, die Liebe und die Trauer, ob alle diese Worte unseres Herzens doch eigentlich immer nur von dir sprechen?
Wenn du dich uns ins Herz geschrieben hast, dann nicht mit Wucht und Macht, sondern mit zartem Strich.

Wenn wir nun in unserem Herz alles Geröll beiseiteschöben, alles, was sich da angesammelt hat an Enttäuschungen und Bitterkeiten, an Ärger und Lieblosigkeiten, an Verzagtheiten und Ängstlichkeiten,
wenn wir dazwischen einen Raum freilegten, erst energisch und dann immer behutsamer und sachter,
wenn wir alles das wegwischten
auch die tiefe Furcht, dass das, was darunter von uns bleibt, nicht genügen könnte,
und die Härte gegen uns selber auch,
wenn wir alles das beiseiteschöben, was sich da angesammelt hat,
und sorgsam darunter das Weiche und Verletzliche hervorholten
und das tiefe Staunen darüber, lebendig zu sein,
ob dann dort dein Wort zum Vorschein käme,
mit dem du dich in unser Leben geschrieben hast?

Wir würden es vielleicht Zeichen für Zeichen entziffern, uns still durchbuchstabieren,
Bis wir es zusammensetzen könnten zu deinem Namen in unserem Leben:
Ich bin da.

Immer wieder du und wir und wir und du
und wir folgen der Spur deiner Worte, die nachklingen, wenn wir verstummen und schweigen und schauen. Amen.

veröffentlicht in:
Annette Jantzen,
Gotteswort, weiblich. Wie heute zu Gott sprechen?, Herder-Verlag, Freiburg 2022

 

Segen, der wandeln kann

Gesegnet sei euer Nicht-weiter-Wissen
Gesegnet sei eure Bedürftigkeit
und auch Eure Angst: Gesegnet sei sie, gesegnet in Gott hinein

In Gott hinein, die wandeln kann
und die das letzte Wort gibt: 
denen, die suchen und die noch nicht fertig sind mit allem

Und der Segen Gottes-der-Lebendigen
komme tröstlich über euch
und gebe euch Frieden.

 

Psalmgebet nach Ps 90

Gott, du unsere Gottheit,
du unsere Zuflucht seit Menschengedenken
deine Herrlichkeit strahlt über unseren Himmel.

Sie leuchtet über Sterne und Sonnenaufgänge,
und doch hast du diese Welt unter Schmerzen geboren,
und du kennst den Schmerz, der zum Leben gehört.

Gott, du unsere Gottheit,
wer kann sich dich vorstellen? Wir überschauen doch nur unser kurzes Leben
und wenn die Zukunft vor uns im Dunkel bleibt, so liegt deine Hand gar schwer über uns. 

Du gebietest über Ewigkeiten, und doch behältst du
jeden Herzschlag und jeden Atemzug
der uns durch unsere Lebenszeit trägt.

Wir sind wie verglühende Leuchtspuren in einer langen Nacht,
auf unserem jungen Planeten in einem riesigen All,
der uns vergessen wird, wenn unser Leben vergeht. 

Du aber bewahrst uns in deiner Hand,
dein Wehen streicht über uns hin,
und deine Herrlichkeit, Ewige, wird glanzvoll aufgehen über uns.

 

Ein Segen für den Zweifel

Ein Segen für den Zweifel
Ein Segen für die Sehnsucht
Ein Segen für den Neuanfang

Dass sich zeigen möge:
Gottes Treue in deiner Beharrlichkeit
Gottes Geistkraft in deiner Hoffnung
Gottes Liebe in deiner Freundlichkeit

Damit du leben kannst:
Aus Zuversicht
Auf festem Grund
Von Tag zu Tag

Im Namen Gottes, der Einen
Amen.

veröffentlicht in:
Annette Jantzen,
Gotteswort, weiblich. Wie heute zu Gott sprechen?, Herder-Verlag, Freiburg 2022

Segen in Resonanz auf Ps 116

Gottes Segen, seit Weltzeitgedenken
flüchtig und felsenstark,
euch heute zugesagt: 
Atem, der fließt und umhüllt
Rettende Kraft, die euch hält

Gottes Liebe, Nähe und Freundlichkeit
die euch wie Licht umgibt
euch leuchte, so lang ihr lebt
bleibe euch zugewandt
Segen aus Gottes Hand

Dass ihr geht, in Trost und in Zuversicht
Das Herz voller Dankbarkeit
mit Hoffnung für diese Zeit
auf Wegen der Heiligen
in Zutraun auf Zukunft hin.

veröffentlicht in:
Annette Jantzen,
Gotteswort, weiblich. Wie heute zu Gott sprechen?, Herder-Verlag, Freiburg 2022

 

Segen der Verletzlichkeit

Auch unter dem Segen Gottes-der-Ewigen
bleiben wir verwundbare Wesen
verletzlich und ungeschützt

Keine Panzerung, die uns abschirmt
wir bleiben berührbar
zerbrechlich und ausgesetzt

Und doch ist da ein Blick,
der auf uns liegt,
und eine Lebenskraft, die uns durchwirkt

das Gegenwartsgespinst Gottes-der-Ewigen
die ihren Segen über euch breite
und euch bewahre für die Dauer der Tage.

 

Lied nach Ps 103

zu singen auf die Melodie von „Lobe den Herren“ siehe GL 392
(ebenfalls eine Nachdichtung von Ps 103)

Spanne dich aus, meine Seele, zum Himmel, zur Einen,
die in dir atmet, dein Leben beschirmt und begleitet. Zu
Ihr, die dich sieht, die dich umfängt, die dich liebt,
die dich hinausführt ins Weite.

Zu ihr, zum Himmel schrein Unrecht und Leid unsrer Erde.
Die nichts erklärt, sie hält aus, hält die Welt noch im Werden,
die so tief schweigt, über uns Menschen geneigt,
voll Mitgefühl und Erbarmen.

Tage und Jahre, die uns hier im Dasein gegeben,
Glück, Schmerz und Liebe, sie glühen, verlöschen, vergehen.
Sie aber bleibt, sie sieht, gedenkt und sie weiß,
was wir erhofften im Leben.

Atme nun auf, meine Seele, und lobe die Eine.
Unendlich fern von dir, steht sie doch treu dir zur Seite.
Machtvoll und sanft hält sie dich in ihrer Hand,
heiliges Gottesgeheimnis.

veröffentlicht in:
Annette Jantzen,
Gotteswort, weiblich. Wie heute zu Gott sprechen?, Herder-Verlag, Freiburg 2022

 

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