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Heiligtumsfahrt 2023:„Wir sind gedanklich gepilgert“

»Überall da, wo Krisen sind, wo es um Leben und Tod geht, ist Seelsorge wichtig, um die Menschen aufzufangen und zu begleiten.« Norbert Schall-Grootjans, Pastoralreferent und katholischer Gefängnisseelsorger.
Heiligtumsfahrt an einem außergewöhnlichen Ort: Das Enthauptungstuch Johannes des Täufers war heute in der Justizvollzugsanstalt Aachen.
Datum:
13. Juni 2023
Von:
Domkapitel und Bistum Aachen
Der Justizvollzugsamtsinspektor Dieter Maus trug während des Pilgergottesdienstes das Heiligtum auf die Altarbühne.

Mehr als 100 Inhaftierte hatten sich im Vorfeld gemeldet, die gruppenweise an geistlichen Impulsen teilnehmen und die Textilreliquie in Augenschein nehmen wollten. Wir haben Norbert Schall-Grootjans, Pastoralreferent und Katholischer Gefängnisseelsorger, zu der besonderen Aktion befragt.   

Wie kam es zu dieser Aktion?


Schall-Grootjans: Es war eine Idee von Dompropst Rolf-Peter Cremer, die ich zunächst kaum glauben konnte. Es war ein Stück weit unvorstellbar, ein Heiligtum an einem „unheiligen Ort“ wie der Justizvollzugsanstalt zu zeigen. Das Angebot hat aber sofort eine Wirkung entfaltet. Innerhalb des Teams haben wir plötzlich ganz andere Gespräche geführt. Sowohl mit den Bediensteten als auch mit den Inhaftierten. Was ist mir heilig? Wofür steht das Heiligtum? Was macht das mit mir? Wir sind gedanklich gepilgert, beziehungsweise haben uns innerlich auf den Weg gemacht. Für die Inhaftierten ist das wichtig, da sie im Gehen und Handeln sehr eingeschränkt sind. 

Warum wurde ausgerechnet das Enthauptungstuch gezeigt?

Schall-Grootjans: Das hat etwas mit der „Knasterfahrung“ zu tun. Die Inhaftierten kennen das Gefühl, wie Johannes eingesperrt zu sein, sich hilflos und ausgeliefert zu fühlen. Deshalb stand für uns schnell fest, dass sie zu diesem Heiligtum am wahrscheinlichsten eine inhaltliche Verbindung aufbauen können. 

Ist das Bedürfnis nach Seelsorge im Gefängnis größer als draußen?

Schall-Grootjans: Überall da, wo Krisen sind, wo es um Leben und Tod geht, ist Seelsorge wichtig, um die Menschen aufzufangen und zu begleiten. Das gilt auch für unsere Inhaftierten. Sie wollen angeschaut und wahrgenommen werden, sie möchten Gehör finden. Insofern war es wirklich eine tolle Sache, dass die Heiligtumsfahrt sie in diesem Jahr in den Blick genommen hat. Die Resonanz darauf hat das eindrucksvoll gezeigt. 
 

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