Bischof Helmut Dieser ruft bei der Eröffnung der Aachener Heiligtumsfahrt dazu auf, den gesamten Bogen der menschlichen Existenz zu entdecken.:„Heiligtümer helfen, zu entdecken, worauf es ankommt“
„Heiligtümer helfen, zu entdecken, worauf es ankommt“
In seiner Predigt ging der Bischof ausführlich auf das Motto der diesjährigen Wallfahrt ein. Das Leitwort „Entdecke mich“ klinge so harmlos wie beim Kinderspiel, und die Eröffnungsfeier der Heiligtumsfahrt zeige etwas von der Faszination dieses Spiels, hob Dieser hervor. Wegen der Corona-Pandemie seien die Heiligtümer nicht nur seit sieben, sondern schon seit neun Jahren unsichtbar verborgen in einem goldenen Schrein gewesen.
Jeder Mensch stellt wie Jesus die Frage: Für wen hältst du mich?
Wie der Bischof des Weiteren in seiner Ansprache ausführte, war der Erste, der diesen Impuls nicht nur nach Aachen, sondern in die gesamte Menschheitsgeschichte hinein auslöste, Jesus selbst mit seiner Frage: „Für wen halten die Menschen den Menschensohn?“ Jeder Mensch stelle die Frage, die Jesus stelle, nicht nur einmal im Leben, sondern immer wieder: Für wen hältst du mich? Wer bin ich für dich? Wer bin ich, wenn deine Antwort mich nicht mehr zufrieden stellen, mich nicht mehr überzeugen kann? Von niemandem gesucht, von niemandem gefunden, von niemandem erkannt zu werden, das führe zum Tod des Menschen, so Dieser.
„Jesus entdecken geht so tief wie das Leben selbst“
„Jesus entdecken, das geht so tief wie das Leben selbst“, unterstrich der Bischof. „Ihn entdecken, das erst klärt mit letzter Gewissheit auf, wer ich deshalb bin. Und du und alle, die je gelebt haben, und die, die nach uns kommen.“ Ihn nicht zu entdecken bedeute dagegen, hinter dem zurückzubleiben, was er für uns sei, ja sogar in der Gefahr zu stehen, auf die falsche Seite des Lebens zu geraten und nicht von ihr loszukommen. Die falsche Seite, das sei die, wo Menschen nicht suchten, sondern sich alle Antworten selbst geben wollten, wo sie sich selbst zu etwas machten und dafür die anderen benutzten, wo Menschen kaputt gingen, weil sie nie so sein könnten, wie irgendein Mainstream sie haben wolle, oder irgendwelche Influencer dauernd so täten, als sei das vollkommen klar und ganz einfach, so zu sein wie sie. Der dauernde Druck, irgendwie toll oder besonders zu sein, mache viele Menschen krank. Etwas Anderes sein sollen und sich selbst dazu machen zu müssen, zerstöre den Menschen.
Vier Heiligtümer fordern auf unterschiedliche Weise heraus
Dieser ging im Einzelnen auf die vier Heiligtümer ein, die in Aachen gezeigt werden, und erklärte in seiner Predigt, dass das Kleid Marias daran erinnere, dass man sich nicht selbst das Leben gegeben habe, und es einen mit der Frage konfrontiere, ob man daran glaube, dass das Leben als Geschenk von Gott komme und er wie Vater und Mutter sei. Die Windeln Jesu wiesen darauf hin, dass man einsam und verbittert sterbe, wenn Menschen einen in den Zeiten der Hilflosigkeit und Schwäche nicht hielten und einen schützten. Das Lendentuch Jesu, das ihm bei der Kreuzigung entrissen worden sei, bringe die Frage mit sich, wer Jesus für einen selbst sei und ob man seine göttliche Würde anerkenne. Und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers weise darauf hin, dass kein Weg und keine Lebensleistung ohne Freunde und Weggefährten zustandekomme.
Die diesjährige Aachener Heiligtumsfahrt dauert vom 9. bis 19. Juni und steht unter dem Motto „Entdecke mich!“ Zu dem elftägigen Glaubensfest werden rund 100 000 Pilger in der Kaiserstadt erwartet. Bischöfe und Kardinäle aus dem In- und Ausland werden die Gottesdienste feiern und den Gästen aus Nah und Fern die vier Tuchreliquien – das Kleid Mariens, die Windeln Jesu, das Lendentuch Jesu und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers – zeigen. Zur Aachener Heiligtumsfahrt gehört diesmal auch ein umfangreiches und vielfältiges Kulturprogramm. Erwartet werden über 100 000 Menschen.
Entdecke mich: die Heiligtumsfahrt Aachen
Seit 1349 kommen Pilgernde, Glaubende, Suchende und Neugierige zur Heiligtumsfahrt, bei der die im Aachener Dom befindlichen Heiligtümer verehrt werden. Bei den Tuchreliquien handelt es sich der Überlieferung nach um das Kleid Marias, das sie in der Geburtsnacht getragen hat, die Windel Jesu, das Enthauptungstuch des heiligen Johannes des Täufers und das Lendentuch Jesu. Sie werden nur alle sieben Jahre dem Marienschrein entnommen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste der siebenjährige Rhythmus allerdings unterbrochen werden: Statt 2021 findet die Wallfahrt vom 9. bis 19. Juni 2023 statt.
Das biblische Leitwort für die Heiligtumsfahrt 2023 lautet „Für wen haltet ihr mich?“ (Mt 16,15). Es ist die Frage an die Christen, wie sie Jesus als den von Gott gesandten Christus anerkennen. Ergänzt wird es durch das Motto „Entdecke mich": eine Einladung, das Wahrhaftige im Menschen und in sich selbst zu finden, Christus und den Glauben neu oder anders zu entdecken durch das Erlebnis der Heiligtumsfahrt.
Nähere Informationen zur Heiligtumsfahrt gibt es unter: