Nicht Glaubenswissen ist gefragt, sondern persönliches Bekenntnis:Erzbischof Hollerich fordert grundsätzliches Umdenken von der Kirche
Der Erzbischof von Luxemburg verwies in seiner Ansprache vor knapp 1000 Gläubigen darauf, dass wir heute nicht mehr in einer christlichen Welt lebten. „Wir dürfen uns nicht täuschen: Wenn die Kirche heute in Deutschland negativ gesehen wird, ist das nicht automatisch so, als wenn Christus nur positiv gesehen würde“, erklärte Hollerich. Wenn die Leute heute nach ihrer Meinung gefragt werden sollten, dann würde sich zwar herausstellen, dass Christus populärer sei als die meisten Politiker, aber er würde nicht mehr den Höchststand bekommen. Die einen hätten dies und die anderen das zu bemängeln, und dass er der Sohn des lebendigen Gottes sei, würden nur die wenigsten Menschen sagen. Petrus dagegen habe Jesus so nennen können, weil er ihm nachgefolgt sei und ihn gut gekannt habe. Er habe gewusst, dass das Herz Jesu voll gewesen sei mit Liebe zu seinem Vater und gleichzeitig so groß, dass alle Menschen, denen er begegnet sei, Platz darin gehabt hätten. „Wir haben alle einen festen Platz im Herzen Jesu – mit unseren guten Taten, mit unserem Glauben, mit Zuversicht, Ängsten und Schwächen“, stellte Hollerich fest.
Der Kardinal ermunterte dazu, Zeugnis vom Glauben an Christus abzulegen und in der Familie, am Arbeitsplatz und anderswo ins Gespräch zu kommen. „Die Leute werden nicht berührt, wenn wir Katechismus-Wahrheiten sagen, sondern sie müssen spüren, dass wir Jesus als Erlöser und Sohn des lebendigen Gottes erfahren. Wir müssen wahrheitlich sein“, mahnte Hollerich. Auch die negativen Seiten des Lebens dürfe man nicht ganz verstecken. Auf die Begegnung mit Christus komme es in der heutigen Zeit an. Wenn die vier Tuchreliquien bei der Heiligtumsfahrt in Aachen verehrt würden, dann heiße das zugleich, dass Christus präsent und die Bibel kein Buch der Vergangenheit sei. „Freude am Leben zu geben ist echte Verkündigung, echtes Bekenntnis“, betonte der Erzbischof. „Wir müssen heute die Flamme der Liebe entfachen.“ Die große Frage sei, ob man von den Katholiken heute sagen könne, dass sie alle Menschen liebten, oder ob sie andere schnell verurteilten und immer ganz genau wüssten, was rechtens sei. „Die Liebe Jesu zu den Menschen zu haben, das ist die Hauptverkündigung“, sagte Hollerich.
Entdecke mich: die Heiligtumsfahrt Aachen
Seit 1349 kommen Pilgernde, Glaubende, Suchende und Neugierige zur Heiligtumsfahrt, bei der die im Aachener Dom befindlichen Heiligtümer verehrt werden. Bei den Tuchreliquien handelt es sich der Überlieferung nach um das Kleid Marias, das sie in der Geburtsnacht getragen hat, die Windel Jesu, das Enthauptungstuch des heiligen Johannes des Täufers und das Lendentuch Jesu. Sie werden nur alle sieben Jahre dem Marienschrein entnommen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste der siebenjährige Rhythmus allerdings unterbrochen werden: Statt 2021 findet die Wallfahrt vom 9. bis 19. Juni 2023 statt.
Das biblische Leitwort für die Heiligtumsfahrt 2023 lautet „Für wen haltet ihr mich?“ (Mt 16,15). Es ist die Frage an die Christen, wie sie Jesus als den von Gott gesandten Christus anerkennen. Ergänzt wird es durch das Motto „Entdecke mich": eine Einladung, das Wahrhaftige im Menschen und in sich selbst zu finden, Christus und den Glauben neu oder anders zu entdecken durch das Erlebnis der Heiligtumsfahrt.
Nähere Informationen zur Heiligtumsfahrt gibt es unter: