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„Eine große Ehre, dabei sein zu dürfen“

Christian Mourad
Christian Mourad koordiniert das Kulturprogramm zur Aachener Heiligtumsfahrt auf dem Katschhof. Rechtsanwalt, ehemaliger Geschäftsführer des Aachener Karnevalsvereins und Moderator der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst, später Geschäftsführer Marketing und Presse für den damaligen Fußball-Zweitligisten Alemannia Aachen, seit 2007 Veranstalter und sozusagen Erfinder der KurparkClassix – und Öcher im Herzen: Nun hat Christian Mourad eine ganz andere Aufgabe übernommen. Er koordiniert das Kulturprogramm zur Aachener Heiligtumsfahrt auf dem Katschhof.
Datum:
4. Juli 2022
Von:
Domkapitel und Bistum Aachen

Als der Anfruf vom Aachener Domkapitel kam, wie überrascht waren Sie?'
Mourad: Die Einladung an mich kam durch den Assistenten des Wallfahrtsleiters, Franz-Josef Staat: „Es wäre schön, wenn Du mit dabei bist, es wäre schön, wenn Du uns dabei unterstützen könntest hier für den Katschhof ein Kulturprogramm zu konzipieren und zu organisieren.“ Ich muss ganz ehrlich sagen, es gibt schlimmere Aufgaben. Ich empfinde Dankbarkeit. Ihr werdet ja sehen, was ihr davon habt. (lacht)

Gab's keine Bedenken, für die katholische Kirche einen Auftrag anzunehmen?Mourad: Es gibt ja diesen Witz: Es gibt kein Problem mit dem Glauben, aber mit dem Bodenpersonal. Aber Spaß bei Seite (lacht). Nein, es gab keine Skepsis. Bei mir hat sich nie ein Zweifel geregt - ganz im Gegenteil. Es ist immer einfach - natürlich auch nicht ganz zu unrecht - auf die Kirche zu schimpfen, sie zu kritisieren, aber man kann auch versuchen, Dinge besser zu machen und das kann man eigentlich nur, wenn man mitmacht.

Sind sie selbst ein gläubiger Mensch?
Mourad: Ja. Ich habe quasi die klassische Laufbahn durchlaufen (lacht): katholische Grundschule Höfchensweg, dann Pius-Gymnasium. Ich habe mich relativ früh auch in der Pfarrarbeit engagiert, war auch mal im Pfarrgemeinderat und bin bis heute Mitglied in einem Pfarr-Elferrat von St. Gregorius und das schon seit knapp 40 Jahren. Ich hatte so immer Bezug zur Kirche und auch zu den handelnden Personen. Das hat sich einfach so ergeben. Und der Zufall will es, dass Dompropst Rolf-Peter Cremer meine beiden Kinder getauft hat.

Wie haben Sie die Heiligtumsfahrten bisher erlebt?
Mourad: Wenn ich ganz ehrlich sein soll – nur am Rande. Ich muss gestehen, dass ich bei der Heiligtumsfahrt 2014 in Urlaub war. Die Heiligtumsfahrt 2007 habe ich damals schon relativ bewusst miterlebt. Das „Making of“ der Heiligtumsfahrt 2014 habe ich intensiv erlebt, weil ich auch sehr interessiert daran war. Das Motto „Glaube in Bewegung“ fand ich sehr schön. Auch der Facebook-Auftritt damals war wunderbar.

Jetzt sitzen Sie also auf einmal in der Projektgruppe für das Kulturprogramm der Heiligtumsfahrt 2023...
Mourad: Und das ist absolut etwas ganz anderes ist, als die Kurpark-Classix zu organisieren. Bei der Heiligtumsfahrt muss man ein Programm auf die Bühne stellen, das viele Zielgruppen gleichermaßen anspricht. Sowohl die Pilger als auch Menschen, die hier in Aachen leben und die sich auch durch diesen Event-Charakter angezogen fühlen und hoffentlich bei gutem Wetter sagen: „Pass auf, heute auf dem Katschhof ist das und das Programm und der Eintritt ist auch frei. Weißt Du was, lass` uns einfach vorbeischlendern.“ Das ist eine Herausforderung. Ich empfinde es als Riesenehre, dabei sein zu dürfen. Ich denke mal, für einen Aachener, der sich mit dieser Stadt verbunden fühlt - und dazu auch noch mit Gott und der Kirche - gibt es kaum etwas Schöneres, als hier mit dabei zu sein.

Hand auf's Herz: Wie schwierig ist es, Künstler zu finden, die bei so einer Wallfahrt auftreten wollen?
Mourad: Ich bin direkt ehrlich bei den Anfragen. Es geht einfach darum, wenn jemand sich damit identifizieren kann - auch nur halbwegs - dann sollte man ihn ansprechen. Das ist natürlich alles nicht so einfach. Aber es gibt auch viele andere Sachen, die dabei nicht zu beachten sind.

Wir haben auf der einen Seite eine Bühne, die in allererster Linie liturgischen Ansprüchen genügen soll. Das ist auch richtig so. Auf der anderen Seite müssen wir auch wissen, wenn wir Künstler von einer gewissen Dimension hier auf den Katschhof locken wollen, dann müssen auch die technischen Voraussetzungen stimmen. Das muss man jetzt in Einklang miteinander bringen und bei allen Beteiligten Überzeugungsarbeit leisten, sprich bei den Managements natürlich sagen, ihr könntet mal ausnahmsweise auf das und das verzichten. Aber auch eben den Bühnenmachern sagen, die und die Sachen sind Standard, die müssen wir haben, sonst brauchen wir die Künstler nicht anzufragen. Das ist sicherlich reizvoll.

Das erfordert aber bestimmt auch viel Verhandlungsgeschick?
Mourad:
Das hat oft auch etwas mit Diplomatie zu tun, mit Einfühlungsvermögen. Wenn es einfach wäre, dann könnte es ja jeder. Wir wissen ja auch alle, das man hier nicht kommerzielle Preise zahlen kann. Es ist auch ganz wichtig, dass die Heiligtumsfahrt natürlich kein verstecktes Pop- und Rockfestival sein soll. Das wäre verfehlt. Aber wenn es uns gelingt, ein oder zwei prominentere Punkte zu setzen und das andere auch mit Qualität zu verbinden, dann glaube ich, dass wir hier eine schöne Mischung hinbekommen. In der Vorbereitung herrscht jedenfalls sehr viel Kreativität.

Gibt es Denkverbote?
Mourad:
So gut wie gar nicht. Ich weiß ja nun selber auch, dass es Darkmetal-Bands oder Leute wie Ozzy Osbourne, der auf der Bühne eine Fledermaus verspeiste, sicher nicht geben wird. Da ist die Heiligtumsfahrt sicher der falsche Ort, aber dafür haben wir nun alle auch einen gesunden Menschenverstand und Instinkt.

Wie schwierig ist es, die Balance zu halten zwischen Wallfahrt und Kulturprogramm? Mourad: Ich denke, dass das Wallfahrtsprogramm zurecht den Schwerpunkt der Heiligtumsfahrt darstellt. Aber wenn es um Abendveranstaltungen geht oder auch wenn es um die Tagesveranstaltungen auf der Hofbühne geht, dann wird es ein wunderbares Begleitprogramm geben. Es wird aber kein Programm, wo man sich fragt, wo bleibt jetzt die Heiligtumsfahrt? Wo finden wir uns da wieder? Wo bleibt die Spiritualität? Wo bleibt das Sich-Einlassen, das Loslassen und wo bleibt das Motto „Entdecke mich“ oder das Leitwort „Für wen hältst du mich“.

Der Katschhof hat schon viele große Künstler erlebt: von Joe Cocker zu den Toten Hosen bis zu Alanis Morissette. Aber er wird schon seit längerem nicht mehr für solche Konzerte genutzt. Wie besonders ist er als Veranstaltungsort?
Mourad:
Ich persönlich empfinde den Katschhof als eine der schönsten, wenn nicht die schönste Konzertlocation, die wir haben. Deswegen finde ich es auch toll, wenn wir bei der Heiligtumsfahrt noch einmal die Chance bekommen, alle sieben Jahre diesen Katschhof zu einem Ort größerer Kultur werden zu lassen. Ich freue mich aber auch auf das Kulturprogramm bei der Hofbühne. Es wird sicherlich auch wunderbar. Bei 300 bis 500 Menschen hat man schon das Gefühl, dass der Hof voll ist. Und dann diese schönen Kneipen drumherum, die Häuser, der Blick auf den Dom. Das ist ein Filetstück dieser Stadt und das ist der Katschhof auch, und ich fände es schön, wenn man ihn wieder öfter bespielen würde, oder wenn man es zumindest versuchen würde.

Verraten Sie doch ein bisschen: Was gibt es im Kulturprogramm zu entdecken?Mourad: Es ist ja noch keine Tinte trocken, deswegen fällt mir das ein bisschen schwer. Wir versuchen tatsächlich, ein absolutes Highlight zu präsentieren, was man in dieser Form so nicht erwartet hätte bei der Heiligtumsfahrt. Wir versuchen aber auch den Bezug zu lokalen Künstlern in der Region zu schaffen. Ich nehme mal ein Beispiel: Es ist noch nicht in Stein gemeisselt. Es war so eine jecke Idee von mir, „Entjecke mich“ also Humor und Glaube, wie passt das zusammen? Wie äußert sich das? Und darf man das in dieser Zeit noch? Wie hat sich der Humor auch verändert? Wie weit darf man gehen? Ich glaube, das wird ein spannender Abend.

Wann fällt bei Ihnen die Anspannung ab?
Mourad:
Ich bin erst dann wirklich entspannt, wenn alles vorbei ist. Für mich werden diese zehn Tage das Highlight sein. Ich gehe davon aus, dass ich tagtäglich von morgens bis abends dabei sein werde.

Worauf freuen Sie sich am meisten?
Mourad:
Ich freue mich auf das Publikum, auf die Menschen hier. Ich hoffe, dass viele kommen, und es auch wertschätzen, was das ganze Team in anderthalb Jahren Arbeit zusammengezimmert hat. Wenn die Menschen nach zehn Wallfahrtstagen sagen: „Es war eine tolle Heiligtumsfahrt. Wir haben uns sehr wohlgefühlt, wir waren häufig auf dem Katschhof, wir haben das und das toll gefunden.“ Wenn wir für alle was geboten haben, wenn die Menschen zufrieden sind und wenn möglichst wenig hinter den Kulissen schief gelaufen ist. Das Schönste ist doch: Bei der Heiligtumsfahrt begegnen sich wildfremde Menschen, lernen sich kennen, werden eine große Gemeinschaft. Was wollen wir mehr?